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Zur Geschichte des Amtsgerichts Bad Iburg

Anfang 12. Jahrhundert

Abt Ambrosius schildert in seinen Erinnerungen den ersten dokumentierten streitigen Gerichtsfall des hiesigen Bezirks – eine Entscheidung, die nach damaligen Maßstäben wohl korrekt, im Rechtsgefühl der Bevölkerung aber wohl eher als „Schweinerei“ empfunden sein wird. Die Glaner Bauern hatten ihre Schweine in einen Eichenwald getrieben und dort auch säckeweise Eicheln als Schweinefutter gesammelt. Sie hielten dies für ihr gutes Recht, der Bischof aber bediente sich seines Vogtes als Eideshelfer. Dieser schwor, das umstrittene Gebiet gehöre „dem gegenwärtigen Bischof und seinen Nachfolgern zu ewigem Recht“ – und gegen den Eidesschwur eines hoch gestellten Mannes war der Eid eines Bauern machtlos. So zeigt bereits die erste dokumentierte Entscheidung, wie sehr Rechtsprechung auch ein Spiegel der jeweiligen Gesetze und der ihnen zugrunde liegenden Rechtsanschauungen ist.


1225

Der Bischof erwirbt das Recht, das „Gogericht“ (aus heutiger Sicht etwa mit dem Landgericht vergleichbar) mit von ihm ernannten Gografen zu besetzen. Das Gogericht hat nicht nur gerichtliche Aufgaben, sondern ist zugleich ein genossenschaftlicher Verband zur Wahrung von Recht und Ordnung und zur Abwehr äußerer Angriffe. Der Gograf ist bei Gerichtsverhandlungen gleichsam der Leiter, das Urteil indes spricht die Gerichtsgemeinde, der so genannte „Umstand“.


1254

Der Bischof erwirbt vom Kloster das Burggericht Iburg. Aus diesem entwickelt sich das spätere „Fleckensgericht“, das bis 1846 besteht und u. a. für kleinere Straftaten zuständig ist. Die Richter werden aus Iburger Bürgern bestellt, später vom Rat gewählt. Überlieferte Strafen sind u. a. für Ohrfeigen 1 Mark, für Bedrohung mit einem Messer ½ Mark.


Zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts

Die Iburg wird zum Verwaltungszentrum für das Fürstbistum Osnabrück. Dies sind die Anfänge der Gewaltenteilung, wird doch fortan organisatorisch streng unterschieden zwischen den Verwaltungs- und den Justizzuständigkeiten. An der Spitze der Verwaltung steht der „Droste“ (Amtmann), unterstützt vom Rentmeister; die Gogerichte des Amtes sind je mit einem Gografen und einem Gerichtsschreiber besetzt. Beim regelmäßig vier Mal im Jahr stattfindenden „Landgoding“ erscheint die ganze Gemeinde und bringt Anzeigen und Rechtsfälle vor. Daneben hat der Gograf die Möglichkeit, nach Bedarf das „gebotene Ding“ einzuberufen. Gerichtsplatz ist der heute „Thünen“ genannte, von sieben „Gerichtslinden“ umsäumte Platz unterhalb des Schlosses. Zur Zuständigkeit des Gogerichts gehören sowohl die friedliche Regelung von Rechtsverhältnissen wie Kaufverträge, Erbregelungen oder Schenkungen als auch Streitfälle aller Art, von Grenzstreitigkeiten bis zu Verhandlungen über Schadenersatz und natürlich die Strafgerichtsbarkeit. Im Mittelalter werden Strafen von großer Härte verhängt – von Stockschlägen über Verstümmelungen bis hin zur Todesstrafe durch Galgen oder Feuertod.


1534

Widertäufer werden im Bergfried zeitweise inhaftiert und vom Gogericht zum Tode verurteilt.


17. Jahrhundert

Die Macht der Gogerichte geht deutlich zurück. Noch immer aber sind sie mit unstudierten Richtern besetzt und die Gerichtsverhandlungen finden unter freiem Himmel statt. Bildlich dokumentiert ist eine solche Verhandlung noch für das Jahr 1634. In der Folgezeit erhält das Gogericht im südlichen Flügel unter der jetzigen evangelischen Schlosskirche Diensträume im Schloss. Gogerichte werden zunehmend mit rechtsgelehrten Richtern entsprechend dem Vorbild der damals herrschenden Reichsgerichte besetzt.


1664

Dem Gogericht Iburg wird der größte Teil des Amtes Dissen zugeschlagen, nämlich die Kirchspiele Dissen, Hilter, Laer und Borgloh. Damit umfasst bereits zu diesem Zeitpunkt der Bezirk des damaligen Gogerichts praktisch den des jetzigen Amtsgerichts.


1803 – 1813

Iburg gehört nacheinander zu Hannover, dem Königreich Preußen, dem Königreich Westfalen und dem Kaiserreich Frankreich. Das Gogericht wird „Friedensgericht“. Ob der „code Napoleon“ als damals geltendes Gesetzbuch in Iburg praktisch angewandt wird, ist mangels erhaltener Gerichtsakten nicht mehr feststellbar.


1813

Das Gogericht wird zum „Amt Iburg“, die Trennung von Verwaltung und Justiz wieder aufgehoben.


5.9.1848 / 8.11.1850

Erneut wird die Gewaltenteilung eingeführt: die Ämter werden reine Verwaltungsbehörden, die Gerichte werden zu „Amtsgerichten“.


7.8.1852

Das Amtsgericht Iburg wird als königlich-hannoversches Amtsgericht gegründet. Zu seinem Bezirk gehören die Ämter Iburg und Dissen.


1.10.1885

Preußen hebt die Ämtereinteilung auf, eingerichtet wird der Landkreis Iburg mit Sitz in Iburg. Der Bezirk des Amtsgerichts fällt mit dem des Landkreises zusammen.


1.10.1932

Der Kreis Iburg wird aufgelöst, der Amtsgerichtsbezirk bleibt unberührt.


1991/1992

Das Amtsgericht, das in einem Teil des 1803 aufgelösten Benediktinerklosters im Schloss Iburg untergebracht ist, wird komplett umgebaut und räumlich neu gestaltet.


2002

Das Amtsgericht besteht seit 150 Jahren und begeht seinen Geburtstag mit einem Festakt und Tag der offenen Tür.


2016

Erstmals übernimmt mit Susanne Kirchhoff eine Frau die Leitung des Amtsgerichts.

 
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